David Adam
"Belohnungsraum"

Projekt für die Ausstellung "dynamo.eintracht"


"Belohnumgsraum"
ehem.U-Haft Magdeburg
Bei Recherchen im Zusammenhang zu meiner für September dieses Jahres in der Gedenkstätte Bautzen (ehemalige Sonderhaftanstalt Bautzen II) geplanten Ausstellung "was, wer, wann, wo, wie, warum, was veranlasst" stiess ich in der ehemaligen MfS-Untersuchungshaftanstalt in Magdeburg auf eine speziell ausgestattete Zelle. Diese besitzt im Gegensatz zu den übrigen kargen Verwahrräumen Blümchentapete, Gardinen, Sessel, Sofa, Tisch, ein Radio sowie eine separate Toilette. Dieser Raum wurde mir von der Gedenkstättenleiterin als "Belohnungsraum" für Zelleninformanten vorgestellt. Dieser Raum bildet für mich eine Essenz des "durchschnittlich Schönen", einen Ausdruck normierter Ästhetik.
Ausgehend davon frage ich mich, wie ein "Belohnungsraum" heute aussähe (und wofür heute belohnt würde bzw. wird).
Einen heutigen "Belohnungsraum" stellt für mich der "Big-Brother"-Raum dar. Auch dieser ist nach gewissen Gesichtspunkten einer normierten Ästhetik gestaltet. Allerdings verspricht hier der längstmögliche Aufenthalt darin die Belohnung - wiederum ist gewisses menschliches Verhalten gefragt.
Über einen mir bekannten Mitarbeiter der ENO-B-Studios in Köln (auf deren Gelände "Big Brother" produziert wurde) will ich die ästhetischen Kriterien der Ausstattung recherchieren und versuchen, im noch bestehenden "Big-Brother"-Raum zu fotografieren.
Inszenierte bzw. imitierte Wirklichkeit bildet einen weiteren Punkt meines Interesses. Ich denke vor allem an gebaute Räumlichkeiten für Fernsehserien("Frauenknast", "Gute Zeiten...").Weiterhin sollen öffentliche, halböffentliche bzw. private Räume auf ihre Struktur und Wirkung hin untersucht werden, in Hinsicht auf Möglichkeiten der "Belohnung"(bzw. Hierarchisierung): Züge (RB, IR, EC, ICE...1./2.Klasse), Flugzeuge, Autos, Pausenraum/Kantine, Bordell, Behörden/Ämter, Besucherraum (Krankenhaus, Gefängnis), Kino, Casino, Clubs...
Daraufhin könnte ein erster Raum gebaut werden, bestehend aus vier Modulen(siehe Modellfotos): Grundfläche(ca. 1,4 m x 1,4 m) und zwei aneinanderstossenden Wänden(ca. 2,1 m hoch), eine Ecke und damit das Minimum eines Raumes bildend (Holz, Hartfaser, MdF).
Im Innern werden sie mit Imitaten der Materialien fotografierter Räume(z.B. Tapetenmuster gescannt und ausgedruckt) bzw. mit auf reale Grösse gebrachten fotografischen Reproduktionen (auch Plots oder Kopien denkbar) ausgestattet.
Die wirklichkeitsimitierende Fotografie soll in eine pseudoreale Räumlichkeit "zurückgeholt" werden. Die Module sollen so aufgestellt werden, dass eine Person gerade dazwischen hindurch gehen kann(etwa 70 cm Abstand) In der geplanten Ausstellung könnten erste gebaute Module oder deren Modelle mit Fotografien realer Räume kombiniert gezeigt werden.

© David Adam 2000




"Marie Scheibner u.a.", 1999 Blick in den ehem. Behandlungsraum des Pavillon "Babette", Berlin (Fotografie auf Duraclear/Leuchtkasten)
Einzelansichten des Modells:

Modul 1

Modul 2

Modul 3

Modul 4